150 Jahre Geberit: Vom Ein-Mann-Betrieb zum Weltkonzern

Veröffentlicht am 26. März 2024
Albert Gebert mit Familie

Foto: Geberit

1874 begann die Geschichte von Geberit als Ein-Mann-Betrieb in der Altstadt der Schweizer Stadt Rapperswil. 30 Jahre später entwickelte der Firmengründer Albert Gebert einen mit Blei ausgekleideten Holzspülkasten. Mit der Erfindung des ersten Kunststoffspülkastens 1952 und des Unterputzspülkastens 1964 nahm die Erfolgsgeschichte ihren weiteren Lauf. Heute beschäftigt das Unternehmen mit Hauptsitz in Rapperswil-Jona weltweit über 10.000 Mitarbeitende und betreibt 26 Produktionswerke. Das Foto zeigt die Gründerfamilie: Albert Gebert mit seiner Frau Josefina und den beiden Söhnen Albert Emil (links) und Leo, kurz nach 1892.

Im Jahr 2024 blickt die Geberit Gruppe auf 150 Jahre Unternehmensgeschichte zurück. Seit der Gründung 1874 zählt das Unternehmen zu den Pionieren der Sanitärbranche. „Unsere umfassenden Systemlösungen setzen immer wieder Standards, damals, heute und in Zukunft“, sagt Christian Buhl, CEO von Geberit.

Wie alles begann

Bleiausgeschlagener Holzspülkasten Phönix
Der 1905 von Albert Gebert erfundene, mit Blei ausgeschlagene Geberit Holzspülkasten Phönix, ging ab 1909 in Serienproduktion. Er war der Grundstein für den Erfolg des Unternehmens. Foto: Geberit

Zu Beginn seiner Laufbahn bietet der 24-Jahrige Albert Gebert ab 1874 Spenglerarbeiten, Blitzableiter- und Rohrleitungsinstallationen an. Zusammen mit seiner Frau Josefina führt er zudem einen Haushaltswarenladen. 25 Jahre später kauft er in Rapperswil eine Liegenschaft. Das Haus beherbergt eine Werkstatt und einen Verkaufsladen und ist heute noch in Familienbesitz.

Ab 1900 beginnt Albert Gebert eigene Sanitärapparate und Armaturen zu produzieren, wie etwa seinen 1905 erfundenen, mit Blei ausgeschlagenen, Holzspülkasten. Nach dem Tod von Albert Gebert 1909 übernimmt Sohn Albert Emil (1880–1969) den Betrieb. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts fertigt das Unternehmen die Abläufe und Verbindungsstücke aus Metall. Arbeiter giessen Armaturen und Ablaufleitungen aus Blei und Messing in der Werkstatt und später in der eigenen Fabrik, die 1921 fertiggestellt wird.

Industrielle Produktion

Geberit Alte Fabrik in Rapperswil in der Schweiz
1917–1921 baut Albert Emil Gebert in Rapperswil die erste Fabrik. Mitten im Ersten Weltkrieg eine Fabrik zu bauen, ist finanziell ein risikoreiches Unterfangen. Der Entwurf stammt von dem Architekturbüro Walcher & Abbühl. Foto: Geberit

Die Fabrik verfügt über eine Metallgiesserei mit mehreren Öfen, eine Dreherei und Abteilungen für Bohr- und Verzinkarbeiten. Zudem können die Techniker in einem kleinen Labor die Materialeigenschaften von Werkstoffen und fertigen Produkten prüfen. Ferner gibt es Räume, in denen sich Neuentwicklungen auf Funktionalität und Zuverlässigkeit testen lassen. So gelingt es, bis Mitte der 1950er-Jahre rund 40 Eigenentwicklungen beim Patentamt anzumelden.

Die Fabrikation von Armaturen entwickelt sich bis 1944 zu einer der wichtigsten Bestandteile der Produktion. Ebenso wir der Spülapparatebau. Hier liegt die Produktionskapazität 1944 bei 200 Spülkästen pro Tag. Damals arbeiten zirka 80 Personen im Betrieb.

Nach dem Zweiten Weltkrieg profitiert Geberit vom europäischen Wirtschaftswunder. In dieser Zeit beschließt das Unternehmen, komplett vom Metallguss auf die Kunststoffverarbeitung umzusteigen. Nach vielen Fehlversuchen und jahrelangem Experimentieren ist es Ende 1952 soweit: Die Geberts halten den Prototyp des ersten aus Kunststoff gefertigten Spülkastens in den Händen. Mit Heinrich und Klaus Gebert übernimmt nun die dritte Generation der Familie das Ruder.

Fuß fassen in Deutschland

Geberit-Werk in Pfullendorf in Bau
Luftaufnahme des neuen Standortes im Industriegebiet Theuerbach in Pfullendorf, Mitte der 1960er-Jahre. Foto: Geberit

Nach dem Erfolg in der Schweiz wollen die Geberts den deutschen Markt erschließen. 1955 gründet Geberit eine Tochtergesellschaft im süddeutschen Pfullendorf, wo eine Produktionsstätte gebaut wird. 1956 nimmt die Produktion den Betrieb auf. Auf die Inserate für die ersten 20 Stellen bewerben sich über 100 Personen. Bereits zehn Jahre später ist der Bau eines größeren Werkes nötig. Heute ist Pfullendorf mit nahezu 1500 Mitarbeitenden der größte Standort der Geberit Gruppe.

Der Verkauf in den Märkten wird, wenn möglich, dreistufig organisiert. Geberit beliefert Großhändler, welche die Produkte an die Sanitärbetriebe weiterverkaufen. Dieses Modell bewährt sich und ist für alle Beteiligten am effizientesten: Geberit kann die Händler mit großen Stückzahlen beliefern. Für Installateure wiederum ist es vorteilhaft, Produkte von Geberit in ihrer Nähe ab Lager kaufen zu können, und zwar dort, wo sie auch die weiteren Produkte beziehen, die sie benötigen.

Mehr als nur Produkte verkaufen

Beratungsdienst bei Geberit
Kundenschulungen fanden ab den 1950er-Jahren statt. In den Kursen wurde beispielsweise die einfache Arbeitsweise mit PE-Fittings demonstriert. Foto: Geberit

Seit den 1950er-Jahren organisiert Geberit zudem Schulungen und Tagungen. In praxisnahen Vorführungen zeigen Berater beispielsweise, wie Installateure auf der Baustelle Probleme auf einfache Weise lösen oder wie er in einem Gebäude Lärmimmissionen vermeiden kann. 1956 kommt der Technische Beratungsdienst hinzu. Dabei handelt es sich um eine ausgewählte Gruppe kompetenter, von Geberit beschäftigter Installateure, die Planer, Installateure und Bauherren bei einer fachgerechten Verwendung der Geberit Produkte unterstützen.

Im gleichen Jahr beginnt Geberit, Siphons, Abläufe und Formstücke für die Gebäudeentwässerung aus Kunststoff zu produzieren. Die Ablaufgarnitur für Badewannen aus Polyethylen (PE) markiert den Umstieg. Anfang der 1990er-Jahre steigt das Unternehmen in das Geschäft mit der Frischwasserversorgung ein. Heute wird rund ein Drittel des Umsatzes mit Rohrleitungssystemen erwirtschaftet. 1966 wird das PE-Sortiment auf die gesamte Hausentwässerung ausgeweitet. Fortan sind auch Formstücke und meterlange Rohre für Abwasserleitungen in Gebäuden im Angebot.

Das Dusch-WC: eine lange Tradition

Geberella, das erste Dusch-WC von Geberit
Pionierarbeit in Sachen Dusch-WC: Geberella war der erste Aufsatz mit Warmwasserdusche und regulierbarer Stärke des Duschstrahls. Geberella ist in zwölf verschiedenen Farben erhältlich. Foto: Geberit

Bereits seit 1978 ist Geberit im Geschäft mit Dusch-WCs. Das Produkt ist eines der anspruchsvollsten in Entwicklung und Produktion, aber vor allem in der Vermarktung. Das erste Produkt ist Geberella, ein Aufsatz mit Warmwasserdusche und regulierbarer Stärke des Duschstrahls. Ein Jahr später, 1979, wird die erste Komplettanlage lanciert, vollständig aus Kunststoff, mit Warmwasserdusche, Warmluftföhn und Geruchsabsaugung.

Die erste Kampagne startet 1981: Die Funktion wird anhand einer Spielzeugpuppe demonstriert. Im Folgejahr zeigen Knetmännchen, wie man ein Dusch-WC betätigt. 1985 präsentiert Geberit eine Komplettanlage mit WC-Schüssel aus Keramik, regulierbarer Warmwasserdusche, Warmluftföhn und Geruchsabsaugung. Die überarbeitete Produktlinie wird 2009 unter dem Namen Geberit AquaClean lanciert. Mit bekannten Werbebotschafterinnen wie der Schauspielerin Melanie Winiger wird das Dusch-WC als Lifestyleprodukt positioniert. Seitdem wird AquaClean ständig weiterentwickelt und seit 2024 unter dem Namen AquaClean Alba auch in reduziertem Umfang angeboten.

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